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Da geht noch mehr – Ronja über ihre Willkommensets für Flüchtlingsbabys

11.11.2015 - zeitzuhelfen.de

Die selbstständige Grafikdesignerin Ronja (30) liebt es, Dinge mit ihren eigenen Händen zu erschaffen. Sie teilt diese Leidenschaft mit Gleichgesinnten auf ihrem Blog Lybstes. Vor über einem Monat startete sie das Projekt „Willkommensets für Flüchtlingsbabys“. Mit einer gratis Nähanleitung auf ihrem Blog begeistert sie Menschen dafür Pumphose, Mütze und Sabberlatz für Flüchtlingsbabys zu nähen und zu spenden. Im ersten Monat sind schon sagenhafte 100 Sets zusammengekommen.

 

 

Hallo Ronja! Wie bist du auf deine Projektidee „Willkommensets nähen für Flüchtlingsbabys" gekommen?
Ich engagiere mich schon länger im Bereich der Flüchtlingshilfe. Ich gebe Hausaufgabenhilfe in einer Unterkunft, organisiere Freizeitaktivitäten mit den Kiddies und habe ein paar Mal in der Kleiderkammer Messehallen geholfen. Doch je mehr man macht, desto mehr hat man das Gefühl, dass da noch mehr geht. Ehrlich gesagt, bringt es ziemlich viel Spaß zu helfen. Da ich mit meinem Blog Lybstes.de eine sehr große Reichweite habe, war mir klar, dass ich diese auf jeden Fall für einen guten Zweck einsetzen möchte. Tatsächlich musste ich aber ein wenig überlegen, wie und was es für ein Projekt werden soll. Lybstes. Schnittmuster für Kinder waren schon vorhanden, und die Lybstes. Leser sind zu einem sehr großen Teil nähende Mamas. Also lag es nahe, dass man für die Kleinsten näht. Die Idee der Willkommensets war geboren. Die Leser und ich nähen zueinander passende Hose, Mütze und Sabberlatz und ich kümmere mich um weitere Spenden von Unternehmen, um die Beutel mit Bodies, Cremes, Söckchen, Nuckelflaschen, Rasseln und Büchern aufzufüllen.
 

Das Projekt ging vor einem Monat an den Start, wie ist denn der Zwischenstand und wo liegen deine Ziele?
Mein anfänglicher Wunsch, 100 Willkommensets in einem Monat zusammen zu bekommen, wurde tatsächlich erfüllt! Das ist ein großartiger Start und ich danke den vielen, fleißigen Näherinnen! Doch Ziel ist es, das auch weiterhin zu halten. Ohne den „Anfangshype“. Wenn ich in zwei, drei Monaten immer noch ca. 50 Sets monatlich an Unterkünfte und Hebammen verschicken kann, wäre das großartig. Außerdem wäre es noch viel grandioser, wenn nicht nur die Näherinnen mitmachen, sondern auch die Unternehmen mitziehen würden. Bisher habe ich sehr viel Unterstützung bekommen und es kam schon einiges an Bodies, Büchern und Spielzeug zusammen. Doch leider gab es auch jede Menge Absagen. Ich verstehe es nicht, dass große Unternehmen, es nicht  schaffen, 50 Bodies oder Nuckelflaschen zu spenden und sagen, dafür hätten sie keine Kapazitäten. Manche Sachen kaufe ich daher einfach noch zum Befüllen der Beutel dazu.

 

 

Warum tust du das eigentlich?
Ich habe mich ohmächtig gefühlt, wenn ich die Nachrichten gesehen habe. Zerbombte Häuser, in denen Familien lebten. Eltern, die mit ihren Kindern und Babys fliehen müssen. Wir können unsere Kinder ernähren und haben ein sicheres Zuhause. Wir haben hier alles. Uns geht es mehr als gut. Da stellt sich die Frage nach dem „Warum?“ nicht, oder? Und ganz ehrlich: Es bereitet soviel Freude und ist mitnichten nur ein Pflichtgefühl. Es bringt nämlich wirklich einen Riesenspaß!

Du als Bloggerin und Grafikerin hast es ja sicherlich recht einfach dein Projekt medienwirksam nach aussen zu präsentieren. Was empfiehlst du anderen?
Fragt in eurer Stadt nach, ob es schon einen Beauftragten für Freiwillige gibt oder sich schon Initiativen gegründet haben. Eigene Ideen und Projekte sind überall willkommen. Ansonsten ist die Plattform zeitzuhelfen.de natürlich perfekt, um Projekte, Ideen und Menschen zusammenzubringen!

Welche Leute unterstützen dich?
Meine Leser unterstützen mich bisher am meisten. Nicht nur mit den Willkommensets. Sie gehen in ihrer Stadt los und fragen in Unterkünften nach ob es dort Bedarf gibt oder fragen Spenden bei Unternehmen an. In fast jedem genähten Set, das mich erreicht, liegt eine Nachricht bei, auf der steht, wie schön die Aktion sei und dass sie das ganze aus vollem Herzen unterstützen. Das motiviert natürlich sehr! Aber auch die Familie ist begeistert und spendet immer wieder.

Und wenn Unternehmen spenden, dann steht dahinter natürlich auch immer eine einzelne Person, die sich für meine Idee stark gemacht hat. Vielen Dank für die bisherigen Spenden an Weleda, bonprix, BabyOne Lüneburg und die fischerverlage!

Was rätst du Menschen, die auch helfen wollen?
Einfach machen! Nicht zu früh aufgeben! Leider ist die Situation in vielen Bereichen noch recht chaotisch und man erwartet, dass man als Freiwilliger überall mit Kusshänden empfangen werden muss. Dabei darf man nicht vergessen, dass es zur Zeit fast überall Freiwillige sind, die helfen. 

Soll heißen: Bitte bringt euch mit ein!  Probiert realistisches Bild von der aktuellen Situation zu bekommen. Versucht euch längerfristig an ein Projekt zu binden. Schaut bei zeitzuhelfen.de, ob euch ein Projekt anspricht oder stellt was mit Freunden selbst auf die Beine. Es kann wirklich JEDER helfen. In meiner Heimatstadt, waren es u.a. ein paar Jungs, die Skateboards gesammelt haben und nun einem Dutzend Jungs regelmäßig das Skateboarden beibringen. Die sind selbst erst 13, 14 Jahre alt und haben einfach mal gemacht!

 

 

Was soll die Politik deiner Meinung nach bei der aktuellen Flüchtlingsthematik verbessern?
Zurzeit funktioniert vieles ausschließlich durch Freiwillige. Das ist in Notsituationen in Ordnung. Da muss es schnell gehen. Aber das kann nicht ewig so weitergehen. Hut ab, vor denen, die unbezahlten Urlaub nehmen um zu helfen oder sofort nach der Arbeit in der Kleiderkammer Messehallen Spenden sortieren! Das ist unglaublich, was überall geleistet wird. So langsam muss die Politik aber mal hinterher kommen und anfangen besser zu koordinieren und zu unterstützen.

Als ich in den Messehallen in der Bettenabteilung mit sortiert habe, gab es „Bestellungen“ von den Unterkünften für über 2000 Bettsets jeweils bestehend aus einer warmen Decke, Kissen und Bettbezug. Wir konnten 50 Stück liefern. Deutschland kann den Flüchtlingen keine warmen Decken bieten? Also, es muss noch einiges besser laufen.

Danke für deine Zeit, liebe Ronja!

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